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13.10.2024 12:15:01
Die Bewältigung der COVID-Krise und der erste August haben das Thema Föderalismus wieder in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Föderalismus nach Schweizer Lesart bedeutet, ein Bundesstaat zu sein, mit einer vergleichsweise stark ausgeprägten Autonomie für die Kantone, welche ihrerseits den Gemeinden einen weitreichenden Spielraum zugestehen.
Die Krise – noch nicht ganz ausgestanden – hat eindrücklich gezeigt, welch grosse Bedeutung den Gemeinden bei deren Bewältigung zukommt.
Während Bund und Kanton mit Gesetz und Verordnungen regeln, sind die Gemeinden sehr unmittelbar und in der Verantwortung mit der Umsetzung der konkreten Massnahmen befasst. Dies in engen und unmittelbaren Austausch mit der Bevölkerung und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten und Rahmenbedigungen.
Föderalismus ist grundsätzlich die Staatsform, in der ein gemeinsamer Nenner, ein gemeinsamer Weg angestrebt wird. Manchmal lassen aber die Zeitverhältnisse diese Abstimmung nicht mehr zu. Gerade in solchen Situationen kommt ein weiteres wichtiges, entscheidendes und die Qualität des Föderalismus ausmachendes Element zum Tragen: Autonomie und Handlungsspielraum.
Im Frühjahr 2020 sorgten in diesem Zusammenhang zwei markante Ereignisse für einige Aufregung. Zum einen hat die Zürcher Regierung die Gemeindevorstände ermächtigt, Mittel zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen von COVID zu beschliessen, und bald darauf hat sie mit einer Gesetzesvorlage die Möglichkeit geschaffen, für einen befristeten Zeitraum auf Gemeindeversammlungen zu verzichten und Geschäfte direkt der Urnenabstimmung zu unterbreiten.
Autonomie bedeutet auf der einen Seite, dass die übergeordneten Staatsebenen die Verantwortung tatsächlich mit den nötigen Kompetenzen zulassen, auf der anderen Seite aber auch, dass die verantwortlichen Gremien und Persönlichkeiten wissen, wo sie über entsprechende Kompetenzen und Freiheiten verfügen und wo nicht. Vor allem aber dass sie die Bereitschaft haben, sie tatsächlich wahrzunehmen.
Eine wichtige Erkenntnis für mich: Autonomie und Handlungsspielraum auf der untersten staatlichen Ebene zur Erreichung gemeinsamer Zielsetzungen in den Gemeinden zu nutzen, zu entscheiden, ist richtig und gehört zu unserem föderalistischen System, ist eine der viel gerühmten Stärken, ja macht es sogar aus. Aber, dazu gehört auch Mut, denn erst im Nachhinein wird klar, ob der richtige Weg gewählt, die passende Massnahme ergriffen wurde. Aber nur mit diesem Mut wird der Föderalismus auch wirklich zu dem staatlichen Organisationsprinzip, wie wir es uns wünschen.
Jörg Kündig, Präsident Gemeindepräsidentenverband Kanton Zürich
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