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04.12.2024 21:59:55


Gemeinden sind keine Vollzugshilfen - Kommentar Präsident GPV

Gemeinden sind keine Vollzugshilfen - Kommentar von Jörg Kündig, Präsident Verband der Gemeindepräsidien Kanton Zürich, erschienen in der NZZ vom 20. März 2023

Die NZZ hat in einem Leitartikel vom 21. Februar 2023 unter dem Titel «Feinde der Gemeinde» festgehalten, dass die kommunale Autonomie unter Druck steht. Während Bund und Kanton Gesetze und Verordnungen erlassen, sind die Gemeinden als letztes Glied in der Kette unmittelbar in der Verantwortung und mit der Umsetzung der Vorgaben und Massnahmen beauftragt. Dies muss und soll im engen und unmittelbaren Austausch mit der Bevölkerung und unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen geschehen.

Föderalismus braucht Mut, aber auch Beteiligung

Der Föderalismus ist grundsätzlich die Staatsform, in der ein gemeinsamer Nenner, ein gemeinsamer Weg zwischen den Staatsebenen, aber auch im horizontalen Austausch angestrebt wird. Die Qualität dieser Staatsform wird durch zwei Elemente bestimmt: Autonomie und Handlungsspielraum. Föderalismus und Autonomie auf Gemeindeebene haben aber auch viel mit der Mitwirkung zu tun. Mitwirkung in den Behörden und Gremien oder Organisationen, welche die Geschicke und damit die künftige Entwicklung einer Gemeinde mitgestalten. Autonomie bedeutet auf der einen Seite, dass die übergeordnete Staatsebene der nächsten die Verantwortung tatsächlich mit den nötigen Kompetenzen überlässt. Auf der anderen Seite verlangt Autonomie aber auch, dass die verantwortlichen Gremien und Persönlichkeiten wissen, wo sie über entsprechende Kompetenzen und Freiheiten verfügen und wo nicht – und den Mut haben, diese auch tatsächlich wahrnehmen. Eine Reduktion der Gemeinden auf die Rolle von Erfüllungsgehilfen der übergeordneten Staatsebenen ist abzulehnen und entspricht weder der Realität noch dem allgemeinen Staatsverständnis der Schweizerinnen und Schweizer.

Wir sind nicht nur stolz auf unseren Föderalismus, sondern auch auf unser Milizsystem. Menschen, die sich zusätzlich zu ihrem beruflichen Engagement oder in der Freizeit bereit erklären, mit einem Behördenamt, im Gemeinderat, in der Schulbehörde, in einem Sozialausschuss oder anderen Gremien Verantwortung in ihrer Gemeinde zu übernehmen. Immer häufiger fehlen Persönlichkeiten, die dies tun können oder wollen. Neben der Komplexität der Materie, dem scheinbaren Hindernis für eine berufliche Karriere sowie der fehlenden Zeit und damit einer nicht mehr gewährleisteten, wünschbaren Work-Life-Balance wird immer häufiger Folgendes ins Feld geführt: Man könne es niemandem recht machen, sei ständig teilweise geharnischter Kritik ausgesetzt und vermisse einen wertschätzenden Umgang. Eine Entwicklung, welche das vielgelobte Milizsystem infrage stellt und die Bereitschaft zunehmend unterhöhlt, sich auf der untersten Staatsebene zu engagieren, auf der die Herausforderungen und Aufgaben konkret werden. Die Frage stellt sich tatsächlich, ob sich die Basis für ein Milizsystem langsam aber sicher auflöst.

Subsidiarität bewahren

Es ist grundlegend, dass eingespielte Rechte der Gemeinden und der Bevölkerung nicht einfach ausser Kraft gesetzt werden dürfen, auch wenn sie kompliziert und manchmal zeitintensiv sind. Bewährte Abläufe, wie sie unseren Rechtsstaat ausmachen, dürfen nicht ausgehebelt werden – und Kompetenzen müssen der untersten staatlichen Ebene auch tatsächlich eingeräumt werden.

Wer also inisinuiert, mutlose Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten seien selber verantwortlich für ihre eigene Abschaffung und es seien mehr «Vollkontaktföderalisten» nötig, ist möglicherweise in der Analyse nicht ganz vollständig – ganz abgesehen davon, dass Verallgemeinerungen meistens trügerisch sind. In den immerhin noch 2136 Gemeinden schweizweit leisten viele Persönlichkeiten mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren unseres Staatswesens. Die Erfahrung zeigt zudem, dass positive, motivierende Rückmeldungen ganz entscheidend sind, damit das auch in Zukunft so sein wird. Dazu reichen aber die jährlichen Ansprachen am 1. August nicht.



Datum der Neuigkeit 20. März 2023
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